Gender Mainstreaming: Hände weg von unseren Kindern!


Keine Angst, die Überschrift entspricht nicht dem Inhalt dieses Artikels. Es ist ein Zitat einer unwissenden Zuhörerin auf einem Vortrag von Birgit Kelle, – der in Kooperation mit der Frauen Union Düsseldorf, vertreten von Frau Sylvia Pantel vor 2 Tagen organisiert wurde – und die sich von dem Schreckensgespenst, das dort aufgetürmt wurde, hat beeinflussen lassen.

Ich muss vorneweg schieben, ja auch ich bin Mitglied der CDU und damit (ob ich will oder nicht) Mitglied der Frauen Union. Umso mehr hat es mich entsetzt was ich erleben durfte – und das im Kreise einer Partei, die sich selbst für zu wenig „C“ im Namen kritisiert.

Quelle: Report DUnd genau daher rührt mein Bedürfnis meine Gedanken und Meinung zum „Gender-Gaga“ Thema und damit auch zu der o.g. Veranstaltung kundzutun, auf der ich auch zugegen war.

Gender Mainstreaming (GM) ist ein sperriger Begriff und hat in der Tat Züge an sich, die z.T. schwer nachvollziehbar sind. Wenn wir die Begriffsdefinition aber zunächst einfach so nehmen wie Sie ist, bedeutet GM nichts anderes als: „ die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu berücksichtigen, um so die Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen“.

Was ist daran falsch? Was macht diese Definition mit Ihnen? Denken Sie bitte mal eine Minute darüber nach – bitte!

Danke!;-)

Was wurde nun auf der Veranstaltung daraus gemacht? Nun,

  • Gender Mainstreaming sei eine absurde Ideologie
  • Gender Mainstreaming sei gefährlich
  • Gender Mainstreaming besagt Geschlecht sei ein ‚Konstrukt‘
  • Gender Mainstreaming verdirbt die Sprache
  • Gender Mainstreaming frisst Steuergelder
  • Gender Mainstreaming ist Sexualpädagogik
  • Gender Mainstreaming fördert Pädophilie

In einem einzigen Punkt gebe ich der Diskussion Recht: Der zum Teil aberwitzige Umgang mit der Gender-konformen Sprache nimmt seltene Stilblüten an. Hier sollten wir als Land von Goethe und Schiller in der Tat aufpassen, dass wir den Humor, den Spaß und die Schönheit unserer Sprache nicht zerstören. Aber auch hier müssen wir mal die Bäume im Wald lassen: Es besteht nicht im Geringsten die Gefahr einer Zersetzung.

Das Thema wird bereits seit Jahren diskutiert, aber wer von Ihnen hat denn wirklich besorgniserregende Erlebnisse damit gehabt. Ja, einige sind lustig, seltsam, absurd, aber nicht gefährlich. Beurteilen Sie anhand eines Zitates des Abends selbst: „Berlin hat zwar keinen modernen Flughafen, aber in manchen Bezirken drei Türen, wenn Sie aufs Klo müssen. Man muss Prioritäten setzen. Gendersensibel nennt es sich, dass wir neuerdings sogenannte Unisextoiletten vorfinden, damit wir nicht entscheiden müssen, ob wir ein Mann oder eine Frau sind.“

Ja Herr Gott nochmal: Und??…

In Kelles Sprüchen steckt der alte Stammtisch, das alte Ressentiment, aber verpackt in eine lockere Sprache, mit scheinbar lustig anmutenden Beispielen für Sprachregelungen, die an den gesunden Menschenverstand appelliert. Dann ist sie plötzlich bei der Sexualkunde, die ihrer Meinung viel zu häufig und freizügig auf die Kinder hereinprasselt. Und darüber führt der Diskussionsstrang dazu, dass eine Minderheit – Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung – der Mehrheit – „ganz normalen Familien“ ihre Werte und Lebensvorstellungen aufoktroyieren wollen. Das macht es gefährlich, denn ihre Fähigkeit Dinge zu vermischen (die Gleichstellung von Frauen, die Emanzipation von Homo- und Transsexuellen und die Sexualpädagogik zu einem Konzept namens „Gender Mainstreaming“, dass es nun mal gar nicht ist), Ihre einseitige Sicht und ihre Absicht die Vielfalt unserer Gesellschaft zu bewerten und in gut und schlecht zu teilen bleiben so bei manchem unentdeckt.

Stellt man Teile als unsinnig dar, etwa an Einzelbeispielen über „gegenderte“ Sprache, motzt man dann noch etwas über „beleidigte Gleichstellungsaktivistinnen“, packt die Bildungspläne zu sexueller Aufklärung in NRW dazu und eine entsetze Vorsitzende der Elternschaft NRW und redet viel über angebliche Kosten, kann man mit diesem Rundumschlag direkt gegen alles vorgehen. Wer merkt dann schon noch, was vielleicht sinnvoll oder geboten ist? Oder was Hetze?

Kelles These: Völlig ohne demokratische Legitimation drehen gender-mainstream-Aktivisten das Bewusstsein einer ganzen Gesellschaft. Über die Sprache, per überzogenem Sexualkundeunterricht gäbe es einen Angriff auf „unsere Kinder“. Sie würden ihrer Identität und Orientierung beraubt, um sie anschließend zu manipulieren.

Damit mutiert ein harmloses wenn auch kontroverses Konzept durch überspannten Debatten zu einem Kulturkampf.

Und hier liegt auch die Krux dieses Abends, der vorab bundesweit für Schlagzeilen und heftige Proteste mehrerer Personen und Interessenverbände gesorgt hatte. Sylvia Pantel wusste sehr genau, wen sie da eingeladen hatte und warum. Der Aufruhr vor der Veranstaltung war willkommene Werbung. Pantel teilt nach eigenen Worten das Anliegen der Antifeministin Birgit Kelle. Und doch lockt Kelle halt auch ein bestimmtes Klientel. Sie publiziert gern in der „Jungen Freiheit“, die von Verfassungsschutz als Scharnier zwischen ultra-konservativ und rechtsradikal eingestuft wird.

Es folgen an dem Abend weitere vereinzelte Beispiele aus einzelnen Städten, zum Teil aus einzelnen Einrichtungen, die den Eindruck vermitteln als würde hier eine ganze Bewegung das Land erobern: „Aus Steuergeldern finanziert, betreiben Wissenschaftler und Berater absurde Forschungen, bei denen Jungen nicht mehr Jungen und Mädchen nicht mehr Mädchen sein dürfen.“

Also meine Damen und Herren, ich möchte nicht wissen für welche absurden Studien meine Steuergelder verbraten werden, aber bestimmt gibt es noch genügend andere neben Forschungen zu Gender Mainstreaming.

Darüber hinaus sollen wir jetzt auch etwaige MINT Initiativen für Frauen einstellen, weil wir Kelles Logik zufolge, den Frauen etwas aufzwingen, was Sie eigentlich gar nicht wollen?

Anstatt zu begrüßen, dass Schulen endlich besser auf LGBT-Kids eingehen, wird das Ziel veralbert und zugleich mit der Angst von Eltern gespielt, Schulen könnten ihr Kind in Bezug auf ihre sexuelle oder geschlechtliche Orientierung beeinflussen. So macht Sie Schulaufklärungsprojekte wie SchLAu und Einrichtungen wie das Waldschlösschen zum Teil eines angeblichen Netzwerkes von Pädophilen machen zu wollen, das nun Einzug in die Schulen bekommt.

Verständliche Sorgen, groteske Situation: Während jeder Grundschüler inzwischen mühelos Zugang zu Sexfilmen findet, fürchten die Erwachsenen, den Nachwuchs mit allzu viel Information zu überfordern.

Quelle: Report DMan muss Sie erleben, wie clever Sie die Sprache nutzt, um Ängste zu schüren, um Eltern zu verunsichern („Es kann jederzeit auch Ihr Kind treffen“), die nicht über genug Wissen verfügen, die Situation richtig einschätzen zu können. Wie Sie für sich in Anspruch nimmt nicht stereotypisiert werden zu wollen und gleichzeitig die anderen eben stereotypisiert. Und wie die Veranstalterin darauf einsteigt und gewisse Ausprägungen sexueller Orientierung als „Ausnahmen der Natur“ bezeichnet.

Bei all dem, vergessen wir eine wichtige Tatsache: Gender Mainstreaming ist ein Konzept . Es kann uns – richtig angewandt – auch dabei helfen Stereotype und traditionelle Rollenerwartungen zu hinterfragen, die wir aufgrund unserer eigenen Normen, Erfahrungen, Werte festgeschrieben haben. Denn wer sagt denn bitte, dass unsere Normen die wir anwenden, die Richtigen sind? Nur weil wir uns vielleicht in einem Umfeld bewegen wo die Mehrheit so denkt? Nicht immer hat die Mehrheit recht weil Sie die Mehrheit ist. In unsere Geschichte waren es schon mehrfach die wenigen / die Minderheiten, die uns vor großen Dummheiten bewahrt haben (Nationalsozialismus).

Wir Menschen sind grottenschlechte Entscheider, wir sind durchzogen mit unseren eigenen Stereotypen, Clichees und Rollenmodellen. Dinge die auf unsere subjektiven Erfahrung, unserer Erziehung und unserem Umfeld basieren. Aber deswegen ist das was wir denken und meinen nicht unbedingt richtig.

Leider nur reagieren wir Menschen unbewusst und im Affekt, sobald etwas nicht in unser Bild passt, etwas Fremdes auf uns zukommt, etwas anders ist als wir oder neu. Wir fangen an zu kämpfen, erstarren oder flüchten. Die Veranstaltung war eine klare Kampfansage. Und das gegen etwas, das die Mehrheit auch nach diesem Abend immer noch nicht verstanden hat.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich mache niemanden daraus einen Vorwurf, weil es oftmals unbewusst geschieht aber ich wünsche uns als Spezies, die von sich behauptet, so toll zu sein, ein wenig mehr Reflexion. Mehr Beobachtung anstelle von frühzeitiger Be- und noch viel schlimmer Verurteilungen. Denken Sie nur an die aktuelle Flüchtlingsdiskussion, wo genau das Gleiche passiert.

Quelle Schule der VielfaltIch habe mir am Ende der Veranstaltung noch eine Frage gestellt: Was hätte wohl Prof. Rita Süssmuth zu dieser Veranstaltung gesagt? Prof. Süssmuth ist Ehrenvorsitzende der Frauen Union – eben jener Institution, die zum oben beschrieben Vortrag eingeladen hatte und deren Vorsitzende Sylvia Pantel in Düsseldorf ist. Gleichzeitig ist Sie Schirmherrin einer Initiative „Schule der Vielfalt“ (www.schule-der-vielfalt.de), die sich aktiv dafür einsetzt, dass an Schulen mehr gegen Homo- und Transphobie und mehr für die Akzeptanz von unterschiedlichen Lebensweisen getan wird und eben jene Projekte wie SchLAu oder Einrichtungen wie das Waldschlösschen unterstützt….

An meine Partei kann ich nur appellieren: Passt auf, dass wir hier keine falsche Abbiegung nehmen. Das „C“ für das christliche Menschenbild wünscht sich Wertschätzung, Respekt, Toleranz und Akzeptanz von Verschiedenartigkeit und keine Hetze gegen Minderheiten.

Warum die Menschen verschieden sind, muss die Wissenschaft klären. Das hat immer biologische und soziokulturelle Ursachen. Die Politik muss dafür sorgen, dass wegen solcher Unterschiede niemand diskriminiert wird, das ist das Rechtsstaatsgebot, und dass niemand deswegen benachteiligt wird, ist das Sozialstaatsgebot

Was ich mir wünsche ist Intoleranz gegen Intoleranz, und dazu gehört auch die Veranstaltung von verganenen Freitag.

2 Gedanken zu “Gender Mainstreaming: Hände weg von unseren Kindern!

  1. Karl schreibt:

    Ich wüßte gerne, woher Sie Ihr Halbwissen über die Definition von Gender-Mainstreaming haben. Würden Sie freundlicherweise die Quelle nachtragen? Oder ist Ihnen das zu wissenschaftlich?

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    • schmitzschreibt schreibt:

      Danke für Ihre Nachfrage und den Hinweis dass ich die Quellenangabe versäumt habe. Die Definition die ich hier angewandt habe stammt von der Homepage des BMFSFJ. Sie werden ähnliche Definitionen aber auch an anderen Stellen finden, wie zum Bsp die Definition des Europarats. Ich hoffe ich konnte damit weiterhelfen.

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