Als die letzten Tage die Haniel Studie zu europäischen Karriere-Ambititionen im Vergleich veröffentlicht wurde, war ich doch ein wenig irritiert. Sollten wir (ich bin schließlich selbst eine Gen Y) wirklich weniger ehrgeizig sein als unsere italienischen, französischen oder ungarischen Kollegen?
Ich glaube da ja an etwas anderes: Ich glaube, dass sich der „Karrierebegriff“ in Zukunft anders definieren wird und muss. Für mich hat Karriere nicht mehr unbedingt etwas mit Führung zu tun und damit in der Hierarchie möglichst weit nach oben kommen. Bin ich deswegen weniger ehrgeizig? Absolut nicht. Vielmehr weiß ich, dass es in Zukunft 1. nicht mehr in Hierarchien gedacht wird (es bleibt ein notwendiges Übel ja, aber wir denken zunehmend in projektbezogenen Netzwerken) 2. es einfach nicht mehr soviele Leitungsfunktionen im klassischen Sinne geben wird. 3. Eine Fachkarriere nicht weniger relevant und wichtig für Unternehmen sind wie Menschen, die Menschen führen.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich hätte liebend gerne (wieder) eine Führungsposition, aber einfach weil ich Spaß daran haben Menschen Visionen zu geben und Potenziale zu entwickeln – nicht weil ich damit dann protzen kann.
Ergo: Ich finde mich eigentlich ziemlich ehrgeizig und unter Berücksichtigung der o.g. Punkte auch ziemlich zukunftsorientiert. Vielmehr wird es an der Zeit, dass Unternehmen Fachkarriere endlich gleichwertig anerkennen (hinsichtlich Comp&Ben, Anerkennung, Benefits etc.). Mal unter uns: Wer ist nicht schon Menschen/Kollegen begegnet, bei denen wir uns dachten: „Du solltest besser kein Team führen. Du bist Spezialist. Bleib dabei, das wäre für uns alle besser“. Aber nein, heute ist man ja nur etwas, wenn man sich Abteilungsleiter, Bereichsleiter, Teamleiter etc“ nennen darf. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Menschen mit hoher GEstaltungs- und Leistungsmotivation werden damit nicht unbedingt glücklich. Die Agenda ist voll mit Terminen, Lob ist selten, man muss es selbst am besten täglich verteilen. Kritik landet dagegen unverzüglich auf dem Tisch – ob gerechtfertigt oder nicht ist egal;-)
Zusammenfassend aus der Gen Y Perspektive würde ich Karriere daher wie folgt definieren: „Karriere ist eine Kette von Herausforderungen und Projekten, an denen man wächst. Karrierepfade sind demnach flexibel und maximal individuell, nicht mehr so sehr planbar aber immer fokussiert auf Aufgaben mit Sinnhaftigkeit.“ Dazu auch ein interessanter Artikel im Manager Magazin aus 2012
Nun ja, zurück zur Studie, die meines Erachtens noch eine weitere wichtige Facette beleuchtet: Die Bedeutung von Praktika als Orientierungshilfe für den Berufseinstieg. Mit 35 Prozent sind Praktika europaweit die meist gewählte Einstiegsvariante in den Beruf.
Und eine m. E. in der HR-Kommunikation weitere unterschätzte Facette wird erwähnt. Nämlich die Beeinflussung von Entscheidungen durch Freunde und Familie für die letztliche Wahl des Arbeitgebers. So heißt es in der Pressemitteilung“ Das soziale Umfeld und die dort vermittelten Einschätzungen und Images spielen eine weitaus wichtigere Rolle für die Karriere. 37 Prozent der Befragten werden von ihren Freunden beeinflusst, die eigene Familie prägt die Entscheidung über den Werdegang bei 35 Prozent der europäischen Studenten.“
Bereits 2009 ist mir der Ausspruch: „Kids don‘t buy staff because they see a magazine ad. They buy stuff because other kids tell them to.“ begegnet und der ist heute relevanter denn je..
Implikationen für das Employer Branding
Ich glaube, das Personalmarketing muss bei allem Hype um Social Media sich wieder verstärkt um persönliche Kontaktpunkte mit den zukünftigen Talenten kümmern und dies systematisch aufbauen. Und da die Gen Y heute schon die ersten Führungspositionen innehat, beschränkt sich diese Schlussfolgerung nicht nur auf Studenten und Absolventen, sondern auch auf (Young) Professionals. Talent Relationship Management sollte ähnlich perfektioniert werden wir im klassischen CRM, um frühzeitig interessanten Profile zu binden und zum richtigen Zeitpunkt anzusprechen und für das Unternehmen zu gewinnen.